THEATERARBEIT

Bisher hatte ich das Vergnügen an drei Theater/Ballett-Abenden beteiligt sein zu dürfen. BALLETT?! Ja, das klang für mich Anfangs auch gewöhnungsbedürftig, aber die Schönheit des Tanzes ist für mich mittlerweile unantastbar. Wenn man Musik mit Tanz kombiniert, entstehen genau wie beim Film die spannendsten Atmosphären. Dass man als "Normalbürger" beim Thema Ballett immer an klassischen Tanz denkt, ist Schade, da unsere Projekte eher experimenteller Natur waren. Ich möchte die lustige und interessante Zeit mit den Tänzern und Choreographen nicht missen.
Aber das, was mich am Theater, bezüglich meiner Musik, am meisten reizt ist die einfache Tatsache, dass das Publikum wärend den Aufführungen seinen Rand hält. Es bietet somit den perfekten Rahmen für meine oft traurigen Lieder.
Hätte ich damals in der Ulmer Fußgängerzone nicht Straßenmusik gemacht, dann wäre es nie zu den Ballettengagements gekommen. Denn der damalige Ballettdirektor des Ulmer Theaters, Andris Plucis, hat mich dort für´s Theater entdeckt. Für das Vertrauen und sein Engagement, mich auf die Theaterbühne zu bringen, bin ich sehr sehr dankbar. Er eröffnete mir ein zusätzliches Betätigungsfeld, das mich auch wieder im Bereich Film aktiv werden ließ.
Hier nun ein paar Storys und Hintergrundinfos zu den einzelnen Ballettproduktionen.



"...und steht nicht still" (2005)
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Regie: Andris Plucis
Musik: Franz Schubert & Andreas Karnatz
Ort: Ulmer Theater/Podium

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Meine erste Beteiligung an einem Ballettabend fand im Podium des Ulmer Theaters statt. Eine recht überschaubarer Rahmen für einen interessanten und sehr experimentellen Abend. Wir hatten etwa 20 Vorstellungen die recht gut besucht und auch des Öfteren Ausverkauft waren.
Zusätzlich hatten wir das unpassendste Plakat, dass jemals erschaffen wurde. Es zeigte in knallbunten Neonfarben eine langhaarige Hippie-Frau die auf einer Art brennender E-Gitarre saß. Obwohl das Stück weder mit Farben noch einer hendrixschen Gitarrenverbrennung zu tun hatte, wurde dieser Entwurf doch tatsächlich gedruckt und in Umlauf gebracht. Das größte Problem dabei war, dass mein Name auch noch darauf stand. So gesehen bin ich überaus glücklich, dass ich für den E.T.A. Hoffmann-Ballettabend, welcher acht Jahre später realisiert wurde, das Plakat selbst gestalten durfte. Puuuh!
Das Konzept des Abends war einfach. Der Regisseur kombinierte meine spartanische Liedermacher/Folkmusik (Gitarre & Gesang) mit der Musik von Franz Schubert (Klavier). Als ich die Idee zum ersten mal hörte, dachte ich, dass das einige Leute nerven, wenn nicht sogar empören könnte. Und prompt, wie mir eine Balletttänzerin erzählte, verließ eine Dame empört das Stück just nachdem ich wärend einer Vorstellung mit meiner Musik die Bühne betrat. "Das ist mir zu Provinziell!"... war ihr Kommentar, den ich doch gleich in mein eigenes Sprücherepertoir aufgenommen habe. Ich frage mich gerade ob die Dame auch das Plakat gesehen hat? Haha!
Ich verkaufte einige meiner CDs und bekam auch ein paar seltsame Angebote. Zum einen sollte ich auf einer Weihnachtsfeier von irgend einer Versicherung spielen, das habe ich natürlich, so politisch korrekt wie ich bin, eiskalt abgelehnt. Und zum anderen war ein Herr sehr daran interessiert, dass ich bei einem Candlelight-Dinner als extravaganter Act zu seinem Hochzeitstag bei ihm zuhause ein privates Konzert gebe. Da dachte mein, zu diesem Zeitpunkt noch unschuldiger, Kopf natürlich sofort an irgend welche Orgien oder ähnliches. Vielleicht komme ich da ja nicht mehr lebend raus. Erst soll ich ein paar Lieder spielen und dann komm ich auf den Grill oder die essen Sushi von meinem nackten Körper. Neee, nicht mit mir, dachte ich und habe das auch abgelehnt. Jetzt im nachhinein, würde ich solche Angebote nicht mehr ausschlagen, denn man weiß ja nie was einem dabei so an skurilem wiederfährt. Alles Unbekannte und Neue ist erst mal als Positiv zu bewerten; danach kann man sich ja immer noch umbringen.
Zurück zum Stück: Diese Produktion hat mir bei weitem nicht so viel abverlangt wie das E.T.A. Hoffmann Stück. Alle Lieder die ich im Ulmer Theater spielte waren bereits geschrieben und mussten nur noch ein wenig mit den Tänzern eingeübt werden. Das alles war nicht sehr anstrengend und brachte doch so einiges mit sich.
Ach ja, ich hab noch etwas abgelehnt. Nach "...und steht nicht still" bot der Ballettdirektor Andris Plucis mir eine weitere Zusammenarbeit, diesesmal im großen Saal des Ulmer Theater mit ca. 50 Vorstellungen (das hätte Geld gegeben), an. Der einfach Grund warum ich abgesagt habe war, dass es sich um ein Kinderstück handelte. Ich glaube es war Rapunzel oder Aschenputtel. Nun, für viele wäre das kein Absagegrund gewesen, aber für mich der sich inmitten der "Amateur Regisseur"-Arbeiten befand, welches mein düsterstes Werk werden sollte, schon. Da konnte ich nicht nebenzu Kinderlieder schreiben. Die Ironie, ob des Titels meiner letzten Platte ist mir bewusst. Vielleicht wäre ich ja der nächste Rolf Zuckowski geworden...."Gott bewahre! Absagen, LOS!"




"E.T.A. Hoffmann - Eine Moritat" (2013)
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Regie: Andris Plucis
Musik: E.T.A. Hoffmann, Rudolf Hild & Andreas Karnatz
Videoprojektionen: Andreas Karnatz
Ort: Das Landestheater Eisenach, Das Meininger Theater
& E.T.A.-Hoffmann-Theater Bamberg

E.T.A. Hoffmann - Trailer für das Ballett Eisenach
Kamera, Schnitt, Musik & Ton: Andreas Karnatz
Zeichnungen, Animationen und Kalligraphie: Andreas Karnatz
Trailer Copyright © 2013 Andreas Karnatz

Ende 2012 bekam ich einen Anruf vom ehemaligen Ballettdirektor des Ulmer Theaters, Andris Plucis, mit dem ich schon bei der ersten Ballettproduktion zusammengearbeitet habe. Er sprach von einem neuen Ballettstück mit dem freien Thema E.T.A. Hoffmann (E.T.A. Hoffmann: Komponist, Schriftsteller, Zeichner & Jurist, *1776 - 1822†). Dieses verlockende Angebot konnte ich einfach nicht ausschlagen, da ich gerade sowieso einen künstlerischen Durchhänger hatte und meine Konzertengagements gegen null gingen. Nachdem ich mich ein wenig mit Hoffmann beschäftigt hatte (dazu las ich den Roman "Die Elexiere des Teufels" und eine Biografie über den Künstler) machte ich mich sofort an die Arbeit. Meine Aufgabe war es eine Moritat auf E.T.A. Hoffmann zu komponieren (so geschehen mit dem Lied "Welch Düsternis", 2013) und diverse Kurzfilme zu drehen, die dann wärend des Balletts als bewegte/r Bühnendeko/Hintergrund dienen sollten. Die Premiere fand am 26. Oktober 2013 im Landestheater Eisenach statt.
Tja was soll ich sagen: dieses Engagement führte mich dann an Das Landestheater Eisenach, Das Meininger Theater (Thüringen) und das E.T.A.-Hoffmann-Theater Bamberg (Franken), auf die prunkvollsten Theaterbühnen der Region und wurde somit die größte Produktion an der ich bisher mitwirken durfte. Wir hatten zwar nie volles Haus aber durchschnittlich mindestens 300 Besucher pro Vorstellung. Ach ja, ich bekam sogar ein Kostüm und wurde in der Maske von den netten MakeUp-Künstlerinnen bearbeitet bis ich mich, wie in einem historischen Gothik-Film, auf der Theaterbühne wiederfand.
Apropos Videos: Mein erster Gedanke war einen Kurzfilm mit einem Mönch zu drehen. Dazu bastelte ich einen acht Meter langen Pappmasche Teufelsarm, der als diabolische Requisite, dem Mönch eine Flasche mit dem Elexier aus dem selbigen Roman darbieten sollte. Es wurden so viel Einstellungen gedreht, dass mir das ganze Material über den Kopf wuchs. Leider konnte ich den Kurzfilm bis heute nicht vollenden.
Danach schrieb ich die Moritat und beschäftigte mich zum ersten mal mit Animationen, wie zum Beispiel einer Uhr die sich rückwärts dreht oder die napoleonische Schlacht von Dresden 1813. Diese ersten Animationen die ich anfertigte, meist mit Greenscreen bearbeitet, sehen hier und da noch etwas seltsam aus; erfüllten aber ihren Zweck und lieferten genau die richtige Grundstimmung. Es viel mir nicht schwer eine hoffmannssche Atmosphäre zu kreieren, da ich, wie ich wärend des studierens seiner Biografie, über die selbe innere Zerrissenheit verfüge wie Hoffmann selbst. Auch er musste sich mit einem Brotjob über Wasser halten um überleben zu können. Seiner Kunst widmete er sich meist in seiner Freizeit und dies nicht selten die ganze Nacht hindurch. Auch berührte mich sein immenser Wunsch Komponist zu sein, den er zwar erfüllen konnte, aber die Perfektion, die er mit seinem schriftstellerischen Werk erreichte, blieb ihm in der Musik versagt. Über die Parallelen zu meinem Leben vergoss ich doch so einige Tränen; und so viel es mir auch gar nicht schwer einen Passenden Text für die Moritat zu finden. Die Moritat auf E.T.A. Hoffmann ergänzt durch ein älteres Lied bildeten den lyrischen Rahmen für das Ballettstück. Dazwischen fanden meine Video-Clips statt, die der Vorstellung einen spannenden und morbiden Kontrast gaben.

Die Musikclips zum Ballettstück:
"Andreas Karnatz live in Eisenach" (Teil 1 & 2)

Den großen Rest der Musik welcher sich zwischen meinen zwei Liedern ereignete stammte aus der Feder des in Eisenach geborenen Komponisten Rudolf Hild. Seine Musik passte perfekt zu unserem Projekt und bot sowohl melancholische als auch sehr populäre Elemente. Ich für meinen Teil könnte derartige Musik gar nicht komponieren. So wie ich ihn kennengelernt habe ist er ein richtig umtriebiger und ruheloser Künstler, der vor Ideen nur so sprüht. Seine Musik wurde vom Theaterorchester groß auf die Bühne gebracht.
Nachdem die ganze Vorarbeit geleistet war, die ich Zuhause in Günzburg erledigte, ging es an die zermürbend langen Zugfahrten nach Thüringen zu den Auftritten. Viele Hotelübernachtungen in heruntergekommenen Wanderpensionen und äußerst angenehmen Hotels gaben mir das Gefühl zum ersten Mal in meinem Leben ein Künstler OnTour zu sein. Eisenach ist eine kulturell sehr interessante Stadt. Dort ist z.B. die Wartburg auf der Luther seine Bibelübersetzung schrieb und mit dem Teufel rang. Johann Sebastian Bach ist allgegenwärtig. Die tiefen naturbelassenen Wälder um Eisenach, die düstere Architektur der Villenviertel und die große Anzahl an leerstehenden und verfallenen Gebäuden, die geradezu danach schreien betreten zu werden um darin tolle Fotos und Video zu machen, erzeugten eine schöne Stimmung in mir.
Auch hatte ich dort in einem Hotelzimmer, nach dem Konsum einer fragwürdigen Substanz, eine Art Nahtoderlebnis, die mich für ein Paar Stunden gelämt im Bett liegen ließ. Mein Kopf war auf einer Reise, die Jahrhunderte zu dauern schien. Das Universum und die unglaubliche Verantwortung bedingungslos zu Leben, eröffnete sich mir in jener Nacht. Es war für mich das erste Mal derartiges sehen zu dürfen. Am nächsten Morgen war alles klarer und schöner als zuvor. Ein kleiner Spaziergang durch den Wald unterhalb der Wartburg brachte mich ins Leben zurück.
Apropos Interviews: Es gab kurz vor und wärend der Spielzeit einige Termine mit der Presse, dem Radio und einer Studentengruppe. Solchen Treffen stehe ich immer sehr skeptisch gegenüber, da ich weiss, dass ich gewisse Fragen einfach nicht sofort beantworten kann. Dazu fehlt mir die Spontanität. Meist klinge ich dann wie ein Vollidiot oder verspreche mich. Mir ist sowas immer sehr peinlich. Wenn möglich gehe ich diesen Terminen gern aus dem Weg. Auch das Verbeugen nach den Vorstellungen ist mir Graus. Tja, was soll man machen?!




"Feuervogel" (2014)
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Regie: Andris Plucis
Musik: Igor Stravinsky
Kurzfilm "Aporue/Die Wurzel": Andreas Karnatz
Ort: Das Landestheater Eisenach & Das Meininger Theater

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Noch wärend ich mit "E.T.A. Hoffmann - Eine Moritat" in Eisenach, Meiningen und Bamberg als Moritatensänger und Videokünstler auf den Theaterbühnen stand, bat mich der Ballettdirektor Andris Plucis um einen weiteren Videoclip für seinen nächsten Ballettabend "Feuervogel" (Musik: Igor Stravinsky). Durch die Kurzfristigkeit des Auftrags war ich bemüht innerhalb kürzester Zeit einen dreiminütigen Film, für das große Finale des Ballettstücks, bereit zu stellen. Die einzige Vorlage die ich hatte, war, dass es sich um ein Urvolk-Thema handeln sollte. Die Premiere fand dann am 22. März 2014 im Landestheater Eisenach statt. Wegen des Bühnenbildes, das keinen Platz für ein 16:9 Video hergab musste ein Hochkanntformat erstellt werden. Eine Art Spiegel-Video mit schönem Rahmen schien mir da die sinnvollste Lösung für die mangelnde Breite zu sein.
Es ist schon komisch. Ein animierter Kurzfilm über die Entdeckung und Bekehrung einer neuen Welt? Diesem Thema hätte ich mich, ohne den Auftrag, schon allein aus fehlendem Interesse nie und nimmer gewidmet. Da ist es schon hilfreich, wenn man im Kopf ein kleines visuell produktives Uhrwerk hat, dass auf Anhieb fantasievolle Bilder liefert. Wie HR Giger schon meinte, ist so ein Auftrag manchmal ganz gut um seine eigene kleine Welt aufzubrechen und neue Einflüsse zuzulassen. Und wie man sieht hat es mir letztendlich doch ordentlich Spaß gemacht sich durch dieses ganze Columbus-Thema zu schnipseln und hacken. Die Musik von Stravinsky, welche an Größe und Bombast nichts zu wünschen übrig lässt, war eine ordentliche Inspiration und der perfekte Teppich für meinen Kurzfilm, der punktgenau zu jedem Pauckenschlag auf die Musik geschnitten wurde.
Es dauerte etwa eineinhalb Monate alles in Form zu bringen. Dabei wurden Aquarelle gemalt, Requisiten gebastelt, viel Fotobearbeitung betrieben und die ganze Sache gefilmt und geschnitten. Eine Tube Heilerde von meiner Freundin wurde als Körperfarbe missbraucht und das ganze Set damit zugebröselt. Desweiteren wurde ein alter Duden zu einer brennenden Bibel verschlimmbessert und eine stählerne Rüstung aus Bastelkarton geschmiedet. Alles in Allem entstand eine Terry Gilliamsche-Atmosphäre ähnlich seiner alten Trickfilmanimationen wie z.B. in "Die Ritter der Kokosnuss". Ein Gott im Himmel durfte da natürlich nicht fehlen; auch wenn es nur Jesus in meiner Gestalt ist. Das Thema Narzissmus habe ich mal wieder vorzüglich tangiert. "Schulterklopfen" (Kurzfilm zu sehen unter "Aporue/Die Wurzel".)

 
 
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