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ÜBER MEINE MUSIK (EIN DIKTATOR SPRICHT)
"Wenn ich nicht weiß was ich hören soll und überhaupt keine Lust auf das übliche Musikzeug habe, dann
greife ich immer zu einer Andreas Karnatz-Platte!"
So lautet das schönste Kompliment, das ich jemals bekommen habe. Und ja, das einzige was man über meine Musik
wirklich mit Sicherheit sagen kann ist, dass sie ungewöhnlich ist. Wahrscheinlich beinhaltet sie keinerlei
Unterhaltungspotenzial, aber dafür kann sie Menschen im innersten bewegen und vielleicht auch ein wenig trösten.
Für mich ist Musik Kunst; und Kunst nicht Entertainment!
Mit 15 Jahren beschloss ich ein "großartiger" Musiker zu werden. Dieser Plan stand mutig und kühn wie ein Relief in
meine Seele gemeißelt. Ein wenig naive Vermessenheit und Selbstverliebtheit waren natürlich ständige Wegbegleiter. Das
eigenständige komponieren von Liedern war für mich zur damaligen Zeit die erste greifbare Möglichkeit sich künstlerisch
auszudrücken und mich von meinem Umfeld abzugrenzen. Es war eine kreative Art sich selbst zu ergründen und zu definieren.
Mein Horizont erweiterte sich ungemein und es wurde ein Selbstbildnis erschaffen, dass es vorher so nicht gab. Es
stellte sich auch immer mehr heraus, dass für mich das wichtigste Thema, welches ich auch irgendwie in jedem Song aufgreife,
dieses gewisse "Nach Hause"-Gefühl ist. Es geht mir weniger um soziale oder politische Kritik als um Tod
und Siechtum. Es geht um Erlösung und darum, den Weg aus dieser erdrückenden Ansammlung von Leid und Einsamkeit zu
suchen und zu finden. Den Ort der absoluten Harmonie und Geborgenheit war das Ziel. Jedoch bemerkte ich im laufe der
Jahre immer mehr jenes gewisse dramatische Element, dass einem klipp und klar sagt: auch wenn du dich um Besserung
bemühst, ist eine Besserung nicht garantiert. Diese Sichtweise, die sich radikal in meinen Texten manifestierte wurde mir oft als
depressiv ausgelegt und vergraulte einige meiner alten "Fans". Dafür hatte ich aber mich selbst nicht verraten und
schrieb immer genau über das, was mich aktuell beschäftigte.
Musik war meine erste große Liebe und vielleicht ist sie deswegen bis heute noch immer die größte Qual und Sorge.
Gleich einem Erstgeborenen, wird sie von mir stets kritisch und streng beäugt. Letztendlich repräsentiert sie ja
alles wofür mein Leben steht und worüber ich mich definiere. Auch hatte ich von Beginn an nie etwas mit jener
"Aus Spaß an der Freude"-Mentalität zu tun. Ich war schon immer das ambitionierte Kind, welches seine
noch ungelenken Künste mit den großen, von mir ikonisch verehrten, Musikern verglich. Jene Götter waren für mich
Maßstab und erstrebenswertes Ideal. Es galt nicht weniger als deren Qualität zu erreichen. Alles andere wäre
unnütze und nur Hobby gewesen. Die große Ironie dabei ist die Tatsache, dass sich meine Musik irgendwie immer
unfertig und amateurhaft anhörte. Dies hat sich aber jetzt mit meinem neuen Album
"Amateur Regisseur", in dem ich genau jenes Thema der Unvollkommenheit aufgreife, geändert.
Viele meiner Produktionen sind durch enorme Handarbeit und unaussprechlichem Fleiß entstanden. Mit jedem Projekt
hatte ich so meine Schwierigkeiten. Doch genau dies Reizte mich immer wieder auf´s Neue, wenn ich wie besessen an
einer Sache herumbasteln konnte, bis sich alle Einzelteile fügten und ein stimmiges Gesamtbild ergaben. Für
die unzählbaren und oft schmerzhaften Stunden des Haderns, die ich zum komponieren und aufnehmen meiner Lieder
benötigte, opferte ich meine Jugend. Auf der Jagd nach hehren Zielen tauschte ich die reizvollsten Jahre der
aufblühenden Sexualität, gegen eine Zeit voller Arbeit, Entwicklung, Träumereien und Obsessionen. Ich träumte
stets von der heroischen und schicksalshaften Eroberung des Olymps. Doch halt!!! Ich bin nicht eingebildet und
auf eine profane Art selbstverliebt; jene Träume sind legitim. Ich martere mich zutiefst und überlasse in meiner
Kunst nichts dem beiläufigen Zufall. Alles wird gedreht und gewendet, bis sich Idee und Vertretbarkeit decken.
Mein Gott! Wie viele Nächte habe ich wie besessen an etwas bis in die Morgenstunden gearbeitet, nur um dann vor
Erregung nicht einschlafen zu können?! Es waren so viele Opfer zu erbringen und erst jetzt, just zu diesem
Zeitpunkt, bemerke ich wie sehr mich dieser Weg gezeichnet hat. Keine Anstrengung geht Spurlos vorüber und ich
hoffe, dass mein kreativer Funke nicht darunter gelitten hat.
Getäuscht von der naiven Vorstellung, dass alle Menschen ein tiefes Bedürfnis nach melancholischer Musik verspüren,
produzierte ich im Alleingang ein Album nach dem anderen und bestritt somit eine Lehre die nicht
intensiver hätte sein können. Ich war Songwriter, Sänger, Gitarrist, Arrangeur, Art-Director, Fotograf und Produzent
in einem. Ich war meine Wenigkeit und das versammelte imaginäre Orchester. Meine Mitmusiker Herbert Otto, Frank
Nicker und die kleine Lilly´mo sind meine guten Geister. Sie sind sichere Straßen und Brücken. Aber auch Sirenen
und Trugbilder. Letztendlich die besten Freunde in einsamer Nacht, die man sich nur einbilden kann. Ohne sie
gäbe es keines meiner fantastischen Alben. "Mmmmhhh, Narzissmus!!!"
(Dieser Text wurde Anfang 2010 verfasst)
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